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Lieblingsort (nicht nur) für Gläubige: Potschajiw

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Ausblick vom Kloster in Potschajiw

Die Artikelserie “Lieblings…” starte ich mit einem ganz besonderem Ort in der Ukraine: Potschajiw.

Der in der Oblast (Region) Ternopil gelegene Ort Potschajiw (russisch: Potschajew) ist klein, ruhig, friedlich, himmlisch, magisch, wundervoll… Ach, nenn es wie du willst – ich nenne es “Lieblingsort”, obwohl es in Potschajiw eigentlich nicht viele “Lieblinge”, sprich: nicht viel zu sehen gibt, außer, die wohl faszinierendste Sehenswürdigkeit in diesem Gebiet und eins der beeindruckendsten des ganzen Landes: das heilige Himmelfahrtskloster (Lawra).

Heiliges Himmelfahrtskloster

Eingang zum Kloster

Das auf einem Hügel gelegene Männerkloster besteht u.a. aus Mönchszellen, einem Glockenturm und der Troizki-Kathedrale (Dreifaltigkeitskathedrale)

Das Kloster gehört heute zum Moskauer Patriarchat der russisch-orthodoxen Kirche, die hier auch ein geistliches Seminar unterhält. Quelle

Das Besondere ist jedoch weder, dass das Kloster auf dem Berg steht und dadurch einen fantastischen Blick sowohl von unten, als auch von oben darbietet, noch, dass es dort wunderschöne Mosaikbilder, Ikonen, Kloster, eine Höhlenzelle uvm. gibt, sondern, dass es viele Aussagen über Heilung und Wunder gibt, was vor allem die Gläubigen immer wieder an diesen Ort zieht.

Neues Kloster in Potschajiw

Blick nach oben im Kloster

Potschajiw Kloster von innen

Warum viele Gläubige, Kranke und Touristen nach Potschajiw reisen?

Zwei Mönchen sollen an diesem Ort Jungfrau Maria (Gottesmutter) begegnet worden sein. Sie hinterließ auf diesem Felsen den Abdruck ihrer rechten Fußsohle, wo eine Wasserquelle (Heilwasser) entstand. Demzufolge ist die Gottesmutter Ikone das berühmte Haupt-Heiligtum des Himmelfahrtsklosters und zieht laut Aussagen vieler Pilger Heilung/Genesung, Wunder o.ä. heran.

Blumengarten im Kloster

Und warum dürfen Nicht-Gläubige Potschajiw aufsuchen?

Tag 3 von 6 ist angetreten. Die Füße und der Rücken schmerzen vom vielen Beten und den Berg hoch und runterlaufen. Natürlich habe ich mich daran gewöhnt. Auch daran, mit 7 anderen Frauen zu schlafen, von 05:00 – 22:00 auf den Beinen zu sein und mit Rock, Kopftuch und ungeschminkt durch die Klosteranlage und im Ort umher zu laufen.

Das Leben ist hier einfach und friedlich. Was zählt ist der Glaube, die Mahlzeit, der Schlaf und der Kontakt zu den anderen. Zu den Mönchen, zu anderen Gläubigen, zu Touristen und den Einheimischen.Heiliges Himmelfahrtskloster

Es sind einfache, aber essentielle Dinge, die dem Tag seine Bedeutung geben.

Ich liebe es.

Die Gebete und das Prozedere hab ich mir schnell von den anderen abgeguckt und – es fühlt sich so an, als hätte ich nie anders gelebt. Ich liebe es um 5 Uhr von der Klingel geweckt zu werden und von oben gelegenen Kloster die Sonne auf- und untergehen zu sehen. Ich liebe es runter – raus aus dem Kloster zu laufen, den Markt oder Supermarkt aufsuchen, ja, einfach so mit meinem langen, bunten Rock, den alten Hauslatschen und dem lila Kopftuch, welches mir besonders gut steht und mich wie Aljonka, dem Schokoladenmädchen, aussehen lässt, durch Potschajiw zu spazieren. Denn wohin ich auch gehe – das Kloster begleitet mich – es ist stets sichtbar – in all seiner Pracht und Energie. Verlaufen tue ich mich hier nicht – muss ich mich lediglich immer am Kloster orientieren. Ja, mit diesem Anblick und Gedanken könnte ich stets aufwachen – sei es im Kloster oder im kleinen Örtchen Potschajiw.

Manchmal, wenn so herumschlendere und mich von den Gebeten “erhole”, zucke ich das Handy, spiele ein wenig damit herum – ja, hauptsächlich um mich bei Freunden/Familie zu melden oder Fotos zu machen – und dann packe es wieder, fast schon heimlich, weg. Es passt nicht zu mir. Nicht jetzt. Viel lieber “spiele” ich weiter Nonne oder genieße einfach meine Anwesenheit im Kloster.

Tag 6. Tag der Abreise und es fällt mir verdammt schwer mich wieder in die “normale” Zivilisation zu wagen. Ich werd einfach Nonne, schießt mir einige Male durch den Kopf – dumm, nur, dass das hier ein Männerkloster ist…

Schluss damit. Die Realität, der Alltag ruft. Irgendwo da draußen… Ich versuche mich langsam an mein “altes” Leben zu gewöhnen und es gelingt mir trotz Widerwillen ganz gut. Im Bus fange ich an mich für die nächste große Stadt “vorzubereiten”. Ich schminke mich, rauche am Rastplatz die 1. Zigarette, nehme das Kopftuch ab, lasse die Haare herunter und beginne zu träumen:

Noch nie habe ich ein so schönes, kraftvolles Kloster erblickt. Noch nie hat mich ein Ort derart magisch angezogen, beruhigt und zu Tränen gerührt. Tränen der Trauer und Freude, die aus der tiefsten Seele kamen.

Ich trank (viel) Heilwasser, begegnete einer über 100 Jahre alten Vollblut-Nonne, kletterte in eine Felsenhöhle, wo eins Hiob von Potschajew lebte und betete (in München gibt es eine orthodoxe Kirche, welche nach ihm benannt ist), erblickte die unversehrten Leichnamen von Iow und Amphilochius, küsste viele bedeutende Ikonen uvm.

In Potschajiw (für immer) bleiben? Vielleicht (später). Wiederkommen? In jedem Fall. Vergesssen? Niemals!

Heiliges Himmelfahrtskloster

Weg zum Kloster Skit

Kloster Skit

Mönchsfriedhof Potschajew

Neben dem heiligen Himmelfahrtskloster ist in Potschajiw und naher Umgebung noch Folgendes einen Besuch wert:

  • Mönchsfriedhof (hier befindet sich u.a. das Grab des heiligen Amphilochius
  • Heilquelle der heiligen Anna (+5° kaltes Wasser)
  • Kloster Skit

Wie du nach Potschajiw kommst

  • Mit dem Bus: Kiew – Potchai, Dauer ca. 8 Stunden, Kosten ca. 10€
  • Mit dem Bus: Lviv – Potchai, Dauer ca. 3 Stunden, Kosten ca. 3-5€

Wo du übernachten und speisen kannst

  • Das Himmelfahrtskloster hat ein eigenes “Hotel”, wo du für ab ca. 1,50€ z.B. im 8-Bett-Zimmer nächtigen kannst
  • Zudem gibt es im Kloster eine Kantine, wo es gutes und günstiges russisch/ukrainisches Essen gibt

Was du beachten solltest >> Infos

  • Frauen werden nur mit langen Röcken und Kopftuch (vor dem Kloster gibt es einen Markt, wo du diese Dinge, sowie Souvenirs kaufen kannst) hineingelassen. Zudem sollte auf Schminke und Co eher verzichtet werden.
  • Eintritt in das Kloster ist frei. Du solltest jedoch ausreichend Geld dabei haben, wenn du z.B. an Arme und/oder das Kloster spenden willst bzw. etwas wie Kerzen, Ikonen usw. erwerben willst
  • Der Aufenthalt ist nicht unbedingt etwas für schwache Gemüter und teils sehr anstrengend bis beängstigend >> Beispiele: Gottesdienste und Wartezeiten belaufen sich auf mehrere Stunden, die “Rituale” der russisch-orthodoxen Gemeinde sind Geschmacksache und kann auf Nicht-Gläubige teils düster wirken
  • Die Verhältnisse im “Hotel” und Co sind recht einfach. Toiletten entsprechend “typisch ukrainisch”, d.h. vielerorts Plumpsklo, Duschen vorhanden, warmes Wasser i.d.R. auch
  • Männer und Frauen schlafen getrennt
  • Gegen 5 Uhr wird das gesamte “Hotel” geweckt, da die ersten Gottesdienste gegen 6:00 beginnen

Potschajiw gilt als “das zweite” orthodoxe Kloster nach dem Kiewer Höhlen-Kloster in der Ukraine. Dabei gilt zu erwähnen, dass in der Westukraine, wo das heilige Himmelfahrtskloster von Potschajiw liegt, die Mehrheit der Bevölkerung Katholiken sind.

Ich empfand den Ort und die Klosteranlage als sehr schön und interessant, vor allem jedoch kraftvoll und empfehle jedem diesen aufzusuchen!

Jetzt du! Warst du bereits in Potschajiw? Würdest du gerne einmal diesen Ort besuchen?

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